Soultaker (Anime Kritik): Kunterbunter Dämonenwahnsinn (2024)

‘Teenager-turns-Terrorcyberdemon’-Serien haben im Anime-Bereich eine gewisse Tradition (Devilman, Genocyber, The Guyver), wie erst 2018 das Netflix-Vehikel Devilman: Cry Baby nochmal unter Beweis gestellt hat. Und getreu dem Motto ‘Mehr Jungdämonen = Mehr Gut’ hat Nipponart im Juli 2019 einen neuen alten Seelenfresser…pardon…Seelennehmer in Form von SoulTaker aus dem Jahr 2001 in Gestalt einer Collector’s Edition in SD-on-Blu-Ray auf unsere heimelige Erde gelotst. Ursprüngliche Erstbeschwörer waren die Tatsunoko Studios (Karas) unter der Regie von Akiyuki Shinobu (Nisekoi). Ein (dämonen-)kultiges Vergnügen, höchste Zeit für den Exorzisten oder schlicht purer Wahnsinn? Spoiler: Antwort c.

Wenn die eigene Mutter und gleichzeitige Hobby-Nonne einen erstechen will, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder will sie damit ihrem Sprössling einen traumatischen Schock verpassen, der eine dunkle außerweltliche Kraft erweckt, die ihn in einen geflügelten mundlosen Terrordämon mit Riesenhandhandschuh verwandelt, damit er sich gegen Killer-Robopuppen einer zwielichtigen Organisation und groteske Mutantenarztkreaturen zur Wehr setzen kann, welche es auf seine komplette Familie abgesehen haben. Ooooder er hätte wirklich endlich einmal den götterverdammten Müll rausbringen sollen. Zum Glück für den 17-jährigen Kyosuke ist Recycling sein geringstes Problem, daher muss er sich lediglich mit Mecha-Samurai-Robotern, motorrisierten Sensenmännern, Flickern und einer verschollenen Zwillingsschwester herumschlagen, während Agenten des Hospitals mit flexibler Gliedmaßenzahl und Körperstruktur hinter ihm her sind. Klingt doch machbar.

Wahnsinn in Farbe und Bunt

Soultaker (Anime Kritik): Kunterbunter Dämonenwahnsinn (6)
OriginaltitelThe SoulTaker: Tamashii-gari
Jahr2001
Episoden13 (in 1 Staffel)
GenreAction, Supernatural, Horror
RegisseurAkiyuki Shinbo
StudioTatsunoko Production

Wen die Inhaltsangabe bereits dazu gebracht hat, sich zurückzulehnen und sich beruhigende Worte murmelnd die Schläfen zu massieren, dem sei versichert: DAS ist nur der simple Part. SoulTaker liebäugelt nicht nur von dem Design des Kyosukemons her mit bereits erwähnten Serien wie Genocyber oder The Guyer, sondern auch mit der Batshitcrazyness, wie Fachleute sagen würden, die mitunter in den Handlungen Einzug hält. ‘Liebäugeln’ ist dabei etwas falsch gewählt, da es so klingt, als würde es mit einem Espresso-Löffelchen am Irrsinn nippen, vielmehr wird direkt eine Schaufel im Wahnsinnspudding versenkt. Das gilt nicht nur für die Handlung sondern auch und ganz besonders für die Präsentation. SoulTaker zu sehen, fühlt sich in etwa so an: Man nehme eine mit Verrücktheiten aus der 180°-Plottwistflasche reichlich bedeckte Handlung und werfe sie einen Bottich, in dem bereits zwei Baumarktabteilungen voller Farbe und ein Buntglashändler ihr Ende gefunden haben, ehe mit einem beherzten Tritt auch ein Bündel Kreuze und sonstiger christlicher Symbolik in die blubbrig-bunte Masse gefeuert wird. Abschließend sperrt man den Farbenbrei zu einem beschwipsten von Nahaufnahmen besessenen Kameramann und stelle ihm ein an Nervenzusammenbrüchen leidendes Eichhörnchen für den Schnitt zur Verfügung. Ab dann heißt es warten.

Plot passiert

Von dem vorherigen Metaphern-Wust verwirrt? Gut so. ‘Verwirrt’ passt wie die Faust auf plötzlich auftauchende mechanische Robo-Augenkapseln. Aber vielleicht wird es anders verständlicher: Eine Folge von SoulTaker ist ein Blitzgewitter aus verschiedenst perspektivisch eingefangenen Szenen, die großzügig in allerlei Farben ertränkt wurden, in denen die ‘normalen’ Sequenzen regelrecht untergehen. War eben noch alles in Blautönen gehalten, können im nächsten Moment vor Buntglashintergründen die Figuren im zarten Orange vor sich hin handeln. Hofft man nun bei der Geschichte auf einen rettenden Anker oder zumindest halbgefüllte Schwimmärmchen, sollte man spätestens ab der zweiten Hälfte lieber tief Luft holen. Während die ersten Folgen noch halbwegs nachvollziehbar in Monster-of-the-day’ischer Weise ablaufen, in denen Kyosukemon den ein oder anderen Mutantenlump mit seinem ‘LIGHTNING BREEEEEAAAAAKAAAAAA’ zu einem an Superheldenintros erinnernden geschmettertem Theme, dem Opening-Song “Soultaker” von Jam Projekt, aus der Existenz kreuzigt, wird es ab Folge 7 aufwärts … schwierig. Denn dort geben endgültig jedwede Kohärenz-Bremsen am Plotzug gepeinigt nach, der dann auch mit vollem Karacho in die Wahnsinnsschlucht donnert. Ein bunter Twist nach dem anderen ohrfeigt einen mitleidslos und die Charaktere springen munter von Ort zu Ort, als hätten sie Teleporter mit Wackelkontakt in den Schuhen. Dinge passieren, auch wenn man nicht immer weiß warum, wieso, wo, warum gerade in rot und woher der Karottenrucksack kommt.

Wahnsinnig gut?

Irrsinniger Plot, den Verstand durchwringende Präsentation und durchwachsene Charaktere, von denen es aber immerhin die pinkbunte Hasenenthusiastin Komugi Nakahara zu einer eigenen Serie (Nurse Witch Komugi) gebracht hat – Glückwunsch an dieser Stelle. Hat SoulTaker nichts, was für sich spricht? Nun ja. In gewisser Weise all das, was bisher gesagt wurde. Wer weiß, welcher Wahnsinn ihn erwartet, kann in dieser ganz speziellen ‘So crazy, it’s kinda good’-Art und Weise Spaß an der Serie haben. Man nehme beispielsweise die Netzhaut verprügelnde Präsentation, die immer wieder erstaunlich coole Szenen hervorbringt, die zwar so schnell vorbei sind, dass man mit schwitzenden Finger und Timer am ‘Stop’-Knopf sitzen muss, aber sie sind da und es bleibt stets abwechslungsreich. Außerdem lässt sich die Mühe, die hinter all dem Irrsinn steckt, nicht verneinen. Mit der Handlung sieht es ähnlich aus, denn selbst der hanebüchenste Unfug wird mit ernster Miene präsentiert, als würde sich ein epochales emotionales Drama entfalten. Der Kontrast bringt einem mitunter unweigerlich ein Grinsen ins Gesicht. Für diese gewisse Portion extra Ham kann die deutsche Synchronisation hinzugeschaltet werden, Empfehlung ist aber bei der japanischen zu verbleiben. Denn die Sprecher, unter anderem Masaya Onosaka (Isaac aus Baccano) und Mitsuki Saiga (Tsukasa aus .hack//SIGN) machen einen duften Job. Feinde der Quietschigkeit könnten aber gerade dank des erwähnten Hasengirlies in die heimische Sprache getrieben werden.

Fazit

Es gibt diesen Moment für mich bei SoulTaker, als eine Loli samt Kleid und rosa Riesenschleife aus der Leiche eines Aliens bricht, da wusste ich, dass mein Verstand sich hier endgültig Auszeit nehmen kann. Danach war ich einfach nur noch gespannt, was für ein ‘DADADAAAAAM’-Twist als nächstes um die Ecke lugt. Die Präsentation tut ihr übriges, um auf ihre ganz eigene Weise für Abwechslung zu sorgen und letztlich hatte ich durchaus meinen Spass mit der Serie. Es sollte aber klar geworden sein, dass es nichts für jedermann ist, ehrlich gesagt für niemanden, der eine kohärente nachvollziehbare und von interessanten Figuren getragene Geschichte erwartet. Wer allerdings auch an groben Irrsinn Spaß haben kann, der ihm mit ernster Miene vorgetragen wird, sich nicht von der Präsentation abschrecken lässt und mit dem ‘So bad, it’s good’-Mindset vertraut ist, der könnte in SoulTaker eine ganz eigene Form 13-episodiger Unterhaltung finden. Oder auch nicht. Das ist das Dämonische daran.

Vielen Dank anNipponartfür die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars.
Die Rezension unterlag keinen inhaltlichen Vorgaben und spiegelt lediglich die Meinung des Autors wider.

© TATSUNOKO PRO/「The SoulTaker」Production Party

Soultaker (Anime Kritik): Kunterbunter Dämonenwahnsinn (2024)

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Author: Barbera Armstrong

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